Bringt ein Ehegatte sowohl erhebliches Vermögen, als auch Kinder in die Ehe ein, so möchte er häufig sichergestellt wissen, dass bei Wiederverheiratung des überlebenden Ehegatten nicht große Teile seines Vermögens (Nachlass) zu Lasten seiner Nachkommen mittelbar auf den neuen Ehegatten des überlebenden Ehepartners übergehen können.
Das saarländische Oberlandesgericht hatte sich mit einem entsprechenden Fall OLG Saarland 5 U 19/13, verkündet am 14.10.2015, zu befassen.
Grenzen sah das saarländische Oberlandesgericht hierbei einerseits in der einseitigen Ausübung wirtschaftliche Drucks auf den überlebenden Ehegatten, den Wertgefühlen des verstorbenen Ehegatten entsprechen zu müssen, um sich nicht erheblichen wirtschaftlichen Nachteilen, bis hin zum Totalverlust des Erbes, ausgesetzt zu sehen.
Die grundsätzlich weitreichende Testierfreiheit des Erblassers könne zwar nicht durch allgemeine Erwägungen zum Anstandsgefühl einer breiten Mehrheit der Bevölkerung eingeschränkt werden.
Andererseits müsse das Recht der Testierfreiheit dort Grenzen finden, wo der wirtschaftlich überlegene Ehegatte dem anderen eine bestimmte Art von Lebensweise nach seinem Tode auferlegen wollte und damit maßgeblich in ebenfalls grundrechtlich geschützte Lebensbereiche (Eheschließungsfreiheit) massiv eingreife.
Zwischen Testierfreiheit des Vorverstorbenen und Freiheit des Überlebenden, eine neue Ehe einzugehen, müsse eine umfassende Gesamtabwägung bei der Auslegung der jeweiligen letztwilligen Verfügungen vorgenommen werden.
Der maßgebliche Ehe- und Erbvertrag enthielt u. a. nachfolgende Regelung:
2. Sollte der Überlebende sich wieder verheiraten, so hat er an die etwaigen Abkömmlinge des Erstverstorbenen als Vermächtnisse Geldbeträge heraus zu bezahlen, die gleich sind dem Werte des Nachlasses des Erstverstorbenen unter Berücksichtigung der ausgleichungspflichtigen Vorausempfänge.
Das Oberlandesgericht sah in dieser Vereinbarung die Grenze zur Sittenwidrigkeit (§ 138 BGB), selbst bei wohlwollender Abwägung der widerstreitenden Interessen, überschritten. Dies auch unter dem Eindruck der sog. „Hohenzollernentscheidung“ des Bundesverfassungsgerichts vom 19.04.2005.
Dennoch legte es die Gesamtregelung des Ehe- und Erbvertrages zwischen den Eheleuten geltungserhaltend dahingehend aus, dass die Ehelaute bei Wissen um die Unwirksamkeit der streitgegenständlichen Wiederverheiratungsklausel, eine solche Vereinbarung getroffen hätten, welche den Nachkommen für den Fall der Wiederheirat des überlebenden Ehegatten, zumindest den hypothetischen Pflichtteil zuerkannt hätte.
Demnach finden Wiederverheiratungsklauseln zumindest dann ihre Grenze, wenn der überlebende Ehegatte das gesamte Erbe mittelbar an die Nachkommen zurückerstatten muss, soweit er sich wiederverheiratet.
Vermögende Ehegatten, welche sich in einer solchen Lebenssituation befinden, sollten sich im Vorfeld fundierten familien-, aber auch erbrechtlichen Rat zu zulässigen Gestaltungsmöglichkeiten einholen, um die gewollte Rechtsfolge zu Gunsten Ihrer Hinterbliebenen auch herbeizuführen und auszuschließen, dass ihnen völlig unbekannte Personen, Nutznießer des zu vererbenden Vermögens werden.