Tarifvertragliche ordentliche Unkündbarkeit und Beendigung des Arbeitsverhältnisses (Nachricht A 2016/025)

Arbeitsrecht LogoViele Tarifverträge sehen abhängig von der Beschäftigungsdauer eine ordentliche Unkündbarkeit des Arbeitsverhältnisses vor.

Solche Arbeitsverhältnisse sind aufgrund des Willens der Tarifparteien nur unter erschwerten Bedingungen durch den Arbeitgeber kündbar.

So kommt regelmäßig nur eine Kündigung unter der Vorlage der Voraussetzungen des § 626 BGB in Betracht. Viele Arbeitnehmer reduzieren diese Möglichkeit der Beendigung eines Arbeitsverhältnisses allerdings gedanklich zu Unrecht auf den Ausspruch einer außerordentlichen fristlosen, in dem Verhalten des Arbeitnehmers begründete Kündigung.

Denkbar sind aber auch Sachverhaltskonstellationen der außerordentlichen betriebsbedingten und der außerordentlichen personenbedingten Kündigung mit jeweils sozialer Auslauffrist.

Gerade bei personenbedingten außerordentlichen Kündigungen mit Auslauffrist stößt der Arbeitgeber allerdings häufig an Grenzen, insbesondere weil bei Langzeiterkrankungen Arbeitnehmer den Arbeitgeber – mit der Ausnahme des begrenzten Ansparens von Urlaub – nicht weiter belasten.

Sollte jedoch der Tarifvertrag längerefristige Pflichten zur Aufstockung des Krankengeldes auf 100 % des Netto-Lohnes vorsehen oder sollte der Arbeitgeber die Stelle des Arbeitnehmers insgesamt streichen wollen, so vermag sich die Rechtslage wiederum ganz anders darstellen.

In einem aktuellen Fall hingegen hatte sich das Bundesarbeitsgericht 2 AZR 531/14 mit dem Ausspruch einer außerordentlichen fristlosen verhaltensbedingten Kündigung eines Arbeitsverhältnisses zu beschäftigen.

Der Arbeitgeber hatte dem Arbeitnehmer wegen diverser Verfehlungen außerordentlich mit sozialer Auslauffrist gekündigt. Die soziale Auslauffrist entsprach hierbei der Frist zur ordentlichen Kündigung.

Das zuständige Landesarbeitsgericht hielt auch in der zweiten Instanz eine außerordentliche Kündigung mit sozialer Auslauffrist begrifflich bereits für ausgeschlossen, da hierdurch der Wille der Tarifvertragsparteien unterlaufen werde. Lägen die Voraussetzungen für eine fristlose Kündigung nicht vor, könne gar keine Kündigung ausgesprochen werden.

Dieser Ansicht vermochte das Bundesarbeitsgericht nur bedingt folgen. Zwar könne im vorliegenden Fall eine Kündigung nur dann wirksam ausgesprochen werden, wenn die Voraussetzungen zum Ausspruch einer außerordentlichen fristlosen Kündigung vorlägen. Jedoch ließe sich alleine aus dem Ausspruch einer sozialen Auslauffrist nicht der Rückschluss ziehen, dass eine solche Kündigung nicht berechtigt gewesen wäre.

Vielmehr könne ein Arbeitgeber, z. B. auch unter Freistellung des Arbeitnehmers im Übrigen einer besonderen sozialen Verantwortung im Einzelfall nachkommen wollen.

Als Ergebnis bleibt festzuhalten, dass im Einzelfall auch eine außerordentliche verhaltensbedingte Kündigung mit Auslauffrist von ordentlich unkündbaren Arbeitsverhältnissen denkbar ist, soweit sie Voraussetzungen zum Ausspruch einer fristlosen Kündigung vorgelegen hätten.

Signatur Artikel Björn-M. Folgmann

 Bundesarbeitsgericht 2 AZR 531/14

Kommentar verfassen

Diese Website verwendet Akismet, um Spam zu reduzieren. Erfahre mehr darüber, wie deine Kommentardaten verarbeitet werden.