Ein Räumungsvergleich lässt den Schadensersatzanspruch des Mieters wegen vorgetäuschten Eigenbedarfs nicht zwangsläufig entfallen (Nachricht M 2016/030)

Mietrecht LogoDiese Linie verfolgt der Bundesgerichtshof (BGH) mit seinem Urteil vom 10. Juni 2015 weiter (VIII ZR 99/14).
Der Vermieter hatte das Mietverhältnis wegen Eigen- bzw. Betriebsbedarfs (§ 573 BGB) gekündigt. Der neue Hausmeister sollte die Wohnung zukünftig für sich nutzen. Der Mieter verweigerte den Auszug, sodass der Vermieter Räumungsklage erhob. Im Laufe des Prozesses verglichen sich die Parteien. Der Mieter verpflichtete sich zur Räumung und verzichtete auf sämtliche Räumungsschutzvorschriften. Nun zog aber nach dem Auszug des Mieters nicht der neue Hausmeister, sondern eine Familie in die betreffende Wohnung ein. Der Mieter verlangt Schadensersatz nach § 280 Abs. 1 BGB, der Vermieter wendet ein, der hierfür notwendige Kausalzusammenhang zwischen vorgetäuschtem Eigenbedarf und dem Schaden des Mieters sei aufgrund des geschlossenen Räumungsvergleichs entfallen.

Nach dem BGH kann ein Räumungsvergleich grundsätzlich den rechtlich erforderlichen Zurechnungszusammenhang zwischen vorgetäuschtem Eigenbedarf und geltend gemachtem Schaden unterbrechen. Ob dies im konkreten Fall so sei, müsse durch Auslegung des Vergleichs beurteilt werden. Entscheidend sei, ob die Parteien mithilfe des Vergleichs auch den Streit darüber beilegen wollten, ob Eigenbedarf bestand oder eben nicht. Sollten mit dem Vergleich auch Schadensersatzansprüche wegen vorgetäuschten Eigenbedarfs abgegolten sein, entfalle der Zurechnungszusammenhang.
An einen stillschweigenden Verzicht des Mieters auf diese Schadensersatzansprüche seien aber strenge Anforderungen zu stellen. Der Verzichtswille müsse unmissverständlich hervortreten, was er regelmäßig nur bei Vorliegen bedeutsamer Umstände tue. Bei einem Räumungsvergleich seien derartige Umstände etwa das Versprechen einer substantiellen Gegenleistung durch den Vermieter wie beispielsweise eine namhafte Abschlagszahlung oder der Verzicht auf Schönheitsreparaturen.
Aus Vermietersicht empfiehlt es sich, zukünftig darauf hinzuwirken, dass ein Räumungsvergleich auch ausdrücklich den Verzicht auf Schadensersatzansprüche wegen vorgetäuschten Eigenbedarfs umfasst. Der Mieter hingegen sollte sich die Auswirkungen eines solchen umfassenden Vergleichs vor Abschluss noch einmal bewusst vor Augen führen.

Signatur Artikel Christoph Schupp

Bundesgerichtshof VIII ZR 99/14, verkündet am 10.06.2015

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