„Halten“ des Mobiltelefons entspricht nicht dem „Nutzen“ dieses! (Nachricht O 2016/038)

Service - LogoGesetzgeberische Pannen sind an der Tagesordnung.

Wohl von dem Willen beseelt, der Gleichbehandlung zwischen „Mann und Frau“ Vorschub zu leisten, änderte der Gesetzgeber § 23 Abs. 1 a Satz 1 StVO wie folgt:

Wer ein Fahrzeug führt, darf ein Mobil- oder Autotelefon nicht benutzen, wenn hierfür das Mobiltelefon oder der Hörer des Autotelefons aufgenommen oder gehalten werden muss.

Die ab dem 01. April 2013 eingetretene Rechtsänderung führte mit einer aktuellen Entscheidung des Oberlandesgericht Stuttgart 4 Ss 212/16 vom 25.04.2015 nun zu einer ungewollten Rechtsfolge. Während die alte Fassung noch das Halten des Gerätes zum Zwecke der Nutzung ahndete, formulierte der Gesetzgeber mit „… gehalten werden muss.“ den Anwendungsbereich deutlich enger.

Das Gericht führt hierzu im Wesentlichen wie folgt aus:

Gemessen daran hat das Amtsgericht den Wortlaut des § 23 Abs. 1a Satz 1 StVO bei seiner Auslegung überdehnt. Danach darf ein Fahrzeugführer ein Mobil- oder Autotelefon nicht benutzen, wenn hierfür das Mobiltelefon oder der Hörer des Autotelefons aufgenommen oder gehalten werden muss. Die Regelung des § 23 Abs. 1a StVO wurde durch die Verordnung zur Neufassung der Straßenverkehrs-Ordnung (StVO) vom 6. März 2013 (BGBl. I 2013, S. 367) neu gefasst. Nach § 23 Abs. 1a Satz 1 StVO in der bis zum 31. März 2013 geltenden Fassung war dem Fahrzeugführer die Benutzung eines Mobil- oder Autotelefons untersagt, wenn er hierfür das Mobiltelefon oder den Hörer des Autotelefons aufnimmt oder hält. Die – amtlich nicht begründete (BR-Drucks. 428/12) und wohl der sprachlichen Gleichbehandlung von Frauen und Männern in Rechtsvorschriften dienende (vgl. § 42 Abs. 5 Satz 2 der Gemeinsamen Geschäftsordnung der Bundesministerien) – Fassungsänderung bewirkte, dass der Kreis der tauglichen Tatobjekte durch die Formulierung „gehalten werden muss“ enger gezogen wird. Das Verbot erfasst nicht mehr die Benutzung jeglicher Mobilfunkgeräte, die der Fahrer hält, sondern bezieht sich nur auf Geräte, die zur Benutzung gehalten werden müssen.

Im konkreten Fall behauptete der betroffene Autofahrer schlicht, er habe zwar mit seinem Mobiltelefon gewählt, aber mit dem Start des Motors habe sich sein Mobiltelefon über Bluetooth automatisch mit der Freisprecheinrichtung des Fahrzeuges verbunden. Sodann habe er nur vergessen, das Telefon während des Telefonats zur Seite zu legen. Mit dieser Argumentation drang der Betroffene durch.

Zur Nutzung musste unter dieser Konstellation nämlich das Mobiltelefon nicht mehr in der Hand gehalten werden.

Sicherlich sollten Autofahrer trotz dieser juristisch nachvollziehbaren Entscheidung, künftig das Handy während des Fahrens nicht in der Hand halten. Vorliegend können nämlich für den Fall eines Unfalls versicherungsrechtliche Aspekte zu ganz anderen Ergebnissen führen, als die vorliegende ordnungsrechtliche Wertung. Versehentliches Halten des Mobiltelefons in der Hand, führt künftig aber nicht ohne Weiteres mehr zur Verhängung eines Bußgeldes.

Es bleibt abzuwarten, wann der Gesetzgeber auf sein „Missgeschick“ reagiert und die Norm dem Wortlaut nach wiederum anpasst.

Signatur Artikel Christoph Schupp

Beschluss Oberlandesgericht Stuttgart 4 Ss 212/16 vom 25.04.2015

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