Keine Verzugskostenpauschale

Nachricht A 035/19

… oder doch? Streit um die Verzugskostenpauschale

Eigentlich hatte das Bundesarbeitsgericht mit seinem Urteil vom 25.09.2018, 8 AZR 26/18 für Rechtsklarheit sorgen wollen.

Die Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts

Das Bundesarbeitsgericht hatte mit dieser Entscheidung deutlich gemacht, dass die Regelung des § 288 Abs. 5 BGB zur sog. Verzugskosten-Pauschale keine Anwendung auf verspätete Lohnzahlungen von Arbeitgebern an ihre Arbeitnehmer fände.

Diese Pauschale beläuft sich immerhin auf 40,00 €.

Das Bundesarbeitsgericht begründete seine Entscheidung mit der Regelung des § 12 a Abs. 1 ArbGG. Demnach hat jede Partei ihre Rechtsverfolgungskosten der I. Instanz selbst zu tragen. Von diesem Ausschluss der Kostenerstattung sei auch die Regelung des § 288 Abs. 5 BGB erfasst.
Einen Systembruch zu den übrigen Regelungen des § 288 BGB (Verzugszins) vermochte das Bundesarbeitsgericht durch diesen Ausschluss des pauschalen Schadensersatzes nach § 288 Abs. 5 BGB nicht zu erkennen. Konkret bezifferter Verzugszins steht nämlich auch nach ständiger Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts dem obsiegenden Arbeitnehmer zu.

Der „Aufstand“ der Instanzgerichte

Genau hier setzt die Kritik einiger Landesarbeitsgerichte an. So folgt z. B. das Landesarbeitsgericht Sachsen mit Urteil vom 17.07.2019, 2 Sa 364/18 der Ansicht des Bundesarbeitsgerichts ausdrücklich nicht.

So führen die konfrontativen Gerichte für Ihre abweichende Meinung neben dem Systembruch auch an, dass der Fall des Verzugsschadens einen völlig anderen Regelungsgegenstand habe, als § 12 a ArbGG. Letzterer solle im Wesentlichen Arbeitnehmer nicht wegen des Riskos bei einem Unterliegen auch die Kosten der Gegenseite tragen zu müssen, von dem Rechtsstreit abhalten.

Da jedoch die Verzugskosten-Pauschale als Vorschrift des Verbraucherschutzes sich lediglich zu Gunsten der Arbeitnehmer auswirken könne, bestehe diese Risiko gerade nicht (ArbG Bremen-Bremerhaven, Urteil vom 20.11.2018, 6 Ca 6390/17).

Bedeutung in der Praxis

Infolge der verschiedenen Beantwortung der Frage zur Verzugs-Kostenpauschale kommt es derzeit für den Rechtssuchenden in aller erster Linie darauf an, bei welchem Arbeitsgericht er seinen Rechtsstreit führen muss.

Für Sachverhalte, welche zum Bundesarbeitsgericht gelangen, ist auf absehbare Zeit mit einer Änderung der Rechtsprechung, trotz durchaus überzeugender Argumente der Kritiker, nicht zu rechnen.



One comment

  1. Das BAG hat mit seinem Urteil entschieden, dass der Arbeitgeber eigentlich sanktionslos keinen Lohn oder Bestandteile zahlt. Nach diesen Urteil haben aber Gerichte wie das LAG Sachsen, AG Köln, AG Gelsenkirchen anders entschieden.
    Das AG Gelsenkirchen (2 Ca 58/18 – Urteil vom 17.07.2019) stellt sich ganz klar gegen das BAG welches ein neues Gesetz nicht anwendbar findet. Denn warum sollte der Schuldner §288 Abs. 5 BGB entgehen, in dem er keinerlei Lohn zahlt (gerade wenn dieser unstreitig zu steht). Während §288 Abs. 1 BGB hingegen angewendet wird. Verzugszinsen ja aber Verzugspauschale nein. Gelsenkirchen weist auch darauf hin das ein altes Gesetz nicht ein neues einfach aushebelt. Das BAG letztendlich führt dazu das der Arbeitgeber einfach nicht zahlt, da ja nur geringe Kosten auf ihn zukommen. Während dessen kann der Arbeitnehmer nicht den §288 Abs. 5 BGB anwenden, und bleibt auf bestehende Kosten sitzen. Bei 100€ sind das bei 31 Tagen mal gerade 0,35€. Dafür zahlt dann halt der Arbeitgeber mal eben zu wenig. Letztendlich wird hier wohl das Verfassungsgericht entscheiden müssen, denn das BAG will seine heilige Kuh nicht opfern (§ 12 a ArbGG). Vor allem ist meiner persönlichen Meinung nach §12 a ArbGG bei nicht strittigen Sachen nicht anwendbar, denn der Arbeitgeber könnte so einfach, jede Zahlung bewusst verzögern, weil die entstehenden Kosten gering sind. Der Arbeitnehmer hingegen kann eventuell seinen Lebensunterhalt nicht mehr bestreiten, da der Arbeitgeber keine Kosten fürchten muss.

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