Der Gesetzgeber hat das Recht rund um das Insolvenzverfahren für natürliche Personen, zuletzt mit Wirkung ab dem 1. Juli 2014 maßgeblich geändert (sog. Gesetz zur Verkürzung des Restschuldbefreiungsverfahrens und zur Stärkung der Gläubigerrechte).
Maßgebliche Ziele waren also:
- die Stärkung der Gläubigerrechte;
- Möglichkeiten der Verkürzung der Laufzeit der Abtretungserklärung (Restschuldbefreiungs-phase) zu schaffen, um „vorzeitige Erlangung der Restschuldbefreiung zu ermöglichen.
Letztgenanntes Ziel sollte auch die Konkurrenzfähigkeit des deutschen Insolvenzrechts gegenüber konkurrierenden Insolvenzordnungen, etwa der nach englischem Recht, stärken.
So begründete die Bundesregierung die zwischenzeitlich erfolgten Gesetzesänderungen wie folgt:
„Der Gesetzentwurf ermöglicht es Schuldnern erstmals, das Restschuldbefreiungsverfahren vorzeitig nach drei oder fünf Jahren zu beenden, wenn sie innerhalb der genannten Zeiträume eine Mindestbefriedigungsquote erfüllen oder zumindest die Kosten des Verfahrens tragen.“ (Bundesdrucksache 17-11268)
Hierzu novellierte der Gesetzgeber die Norm des § 300 InsO.
Dieser sieht nunmehr auch eine Staffelung vor, nach welcher der Schuldner bei Teilbefriedigung der Gläubiger eine vorzeitige Erteilung der Restschuldbefreiung erlangen kann. § 300 Abs. 1 Ziffer 2 InsO ordnet z. B. an:
„drei Jahre der Abtretungsfrist verstrichen sind und dem Insolvenzverwalter oder Treuhänder innerhalb dieses Zeitraums ein Betrag zugeflossen ist, der eine Befriedigung der Forderungen der Insolvenzgläubiger in Höhe von mindestens 35 Prozent ermöglicht, oder …“
Diese scheinbar durchaus für einzelne, insbesondere besser verdienende Schuldner erreichbare Quote, wird allerdings dadurch rein tatsächlich maßgeblich erhöht, als dass die Vergütung sich nach den, durch den Treuhänder/Insolvenzverwalter vereinnahmten Beträgen, berechnet und demnach der real zur Verfügung bestehende Betrag um gut und gerne 15 % höher liegen muss, um auch die Verfahrenskosten (Gerichtskosten und Vergütung) für den aufzuwendenden Mehrbetrag darzustellen zu können.
Zudem müssen die Mittel erkennbar aus solchem Vermögen stammen, welches nicht bereits dem Treuhänder/Insolvenzverwalter aufgrund der Abtretungserklärung (§ 287 InsO) oder Massezugehörigkeit (§ 35 InsO) zugeordnet ist (§ 300 Abs. 2 InsO).
Im Ergebnis muss der Schuldner also mindestens 36 Monate die Abtretungserklärung erfüllen, zudem eine 35-prozentige Quote aus Drittmitteln zur Verfügung stellen und zudem sämtliche Verfahrenskosten decken.
Hinzu tritt, dass die ursprüngliche Privilegierung vorrangiger Gläubiger nach § 114 InsO mit der ersatzlosen Streichung dieser Norm keine Rolle mehr spielt.
Je nach Einzelfall kann dies auf eine Vollbefriedigung hinauslaufen, welche ohnehin nach § 300 Abs. 1 Ziffer 1 InsO zwingend zur sofortigen Restschuldbefreiung führt.
Einer Vielzahl von Schuldnern werden solche Summen erkennbar nicht zur Verfügung stehen, so dass die große Mehrheit die vollen 6 Jahre der Abtretungserklärung und damit unverändert die volle Restschuldbefreiungsphase durchlaufen müssen.
In der Praxis wird die Vorschrift des § 300 Abs. 1 Ziffer 2 InsO mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit deshalb überhaupt gar keine Relevanz erlangen.
Zudem hat der Gesetzgeber, neben vielen weiteren Anpassungen an die Rechtsprechung, auch die Regelung des § 302 InsO präzisiert und teilweise völlig neu gestaltet.
§ 302
Ausgenommene Forderungen
Von der Erteilung der Restschuldbefreiung werden nicht berührt:
(1) Verbindlichkeiten des Schuldners aus einer vorsätzlich begangenen unerlaubten Handlung, aus rückständigem gesetzlichen Unterhalt, den der Schuldner vorsätzlich pflichtwidrig nicht gewährt hat, oder aus einem Steuerschuldverhältnis, sofern der Schuldner im Zusammenhang damit wegen einer Steuerstraftat nach den §§ 370, 373 oder § 374 der Abgabenordnung rechtskräftig verurteilt worden ist; der Gläubiger hat die entsprechende Forderung unter Angabe dieses Rechtsgrundes nach § 174 Absatz 2 anzumelden;
(2) Geldstrafen und die diesen in § 39 Abs. 1 Nr. 3 gleichgestellten Verbindlichkeiten des Schuldners;
(3) Verbindlichkeiten aus zinslosen Darlehen, die dem Schuldner zur Begleichung der Kosten des Insolvenzverfahrens gewährt wurden.
Insbesondere stellt der Gesetzgeber klar, dass sowohl Geldstrafen, als auch Steuerschulden, welche auf einer Steuerstraftat begründet sind, nunmehr definitiv nicht mehr an der Restschuldbefreiung teilnehmen können, soweit entsprechende Verurteilung erfolgte, was für viele selbständige Schuldner oder Geschäftsführer, welche „ihrem Unternehmen“ in die Insolvenz folgen, dramatische rechtliche Konsequenzen haben kann.